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Aktuelle Lage in Nepal

Zuletzt aktualisiert: Sonntag, 21. Juni 2020 13:05
Veröffentlicht: Donnerstag, 11. Juni 2020 19:30
Geschrieben von Birgit Schulte

Heute hat die bestätigte Zahl der mit Covid-19 infizierten Personen in Nepal mehr als 4.600 erreicht. Noch immer ist es vor allem der Süden des Landes, der besonders stark betroffen ist. Aber inzwischen kann man auf der Karte deutlich verfolgen, wie sich die Pandemie nach Norden ausbreitet. Der Grund für diesen geographischen Verlauf hat  - nicht ausschließlich, aber zum Teil – damit zu tun, dass seit gut einer Woche viele Nepalesen aus Indien einreisen dürfen und in ihre Heimatdörfer zurückkehren. An der Grenze werden sie getestet, es gibt auch Quarantäne-Stationen (von den schlimmen Zuständen hatten wir schon berichtet), aber es steht zu befürchten, dass unerkannte Patienten das Virus weitertragen. Zudem gibt es Berichte, dass Menschen ohne Symptome aus der Quarantäne entlassen wurden, obwohl sie dort mit Erkrankten in Kontakt waren.

Das Kathmandu-Tal ist weiterhin wenig betroffen. Der Grund liegt sicherlich in der Abrieglung des Tals. Für eine Großstadt wie Kathmandu sind 29 bestätigte Fälle, davon 15 bereits genesene Personen, eine winzige Anzahl. In Bhaktapur, dem Bereich zu dem auch unser Projektgebiet zählt, sind es sogar nur sechs bisher bekannte Fälle, vier davon haben sich schon von der Krankheit erholt. Im Kathmandu-Tal – genauer gesagt in Lalitpur, hat es erst einen mit dem Virus in Verbindung gebrachten Todesfall gegeben. Insgesamt gab es in Nepal 15 Todesfälle, bei denen ein Zusammenhang mit dem Corona-Virus nachgewiesen werden konnte.

Trotz der steigenden Zahlen, sollen nun die Bestimmungen des Lockdowns langsam gelockert werden. Der letzte Versuch in diese Richtung wurde direkt danach zurückgenommen.
Die wirtschaftliche Lage in Nepal braucht die Lockerungen dringend. Der Lockdown hat auch schon Todesopfer mit sich gebracht – Menschen, die verhungert sind, weil sie keine Möglichkeit hatten, an Lebensmittel zu kommen. Deshalb ist der Politik klar, dass ein Ausweg gefunden werden muss. Noch wird um den genauen Plan gerungen. Geschäfte sollen unter Auflagen öffnen dürfen, in privaten Fahrzeugen nötige Kurzstrecken zurückgelegt werden können. In den kommenden Tagen wird sich zeigen, wie es weitergeht.

Eine Entscheidung, die auch unsere Projektarbeit betrifft, wurde indes schon getroffen. Das SEE (die Prüfung nach Klasse 10), das im März verschoben wurde, bekommt keinen Ersatztermin. Es wurde komplett abgesagt, die Schüler werden stattdessen ein Zeugnis, das sich aus den Noten der Prüfungen während des Schuljahres zusammensetzt, erhalten.

Gerne würde Nepal landesweiten Online-Unterricht einführen, aber dieser Plan scheitert an den oftmals fehlenden Möglichkeiten der Schüler. Während Schüler von Privatschulen in den großen Städten Zugang zu WLAN sowie die entsprechenden technischen Geräte besitzen mögen, für unsere Patenkinder ist das keine Option. Die meisten Familien besitzen zwar ein Smartphone, aber meist nur mit Prepaid-Karten, ohne Möglichkeit WLAN zu nutzen.

Stattdessen verteilen die Schulen nun die nötigen Bücher für das aktuelle Schuljahr, die Schüler bekommen die Lehrmittel nach Hause gebracht. Man darf aber bezweifeln, dass sie damit lernen und sich auf den kommenden Unterricht vorbereiten. Selbst in Deutschland ist das Home-Schooling eine große Herausforderung. Viele Eltern sind überfordert, ihren Kindern bei den Aufgaben zu helfen. Wie soll das erst in einem Land wie Nepal funktionieren? Einige unserer Patenkinder sind die ersten in ihren Familien, die regelmäßig eine Schule besuchen. Bei der Aufnahme der Kinder ins Patenschaftsprogramm haben wir immer wieder die Situation, dass Eltern mit Daumenabdruck unterschreiben.
Unsere nepalesischen Partner möchten zusätzlich die Uniformen sowie Hefte, Stifte und sonstiges Material verteilen. Alles wurde bereits eingekauft und liegt seit Wochen bereit. Sobald die Bestimmungen es zulassen, werden sie die Uniformen und Unterrichtsmaterialien ausgeben.

Dann gibt es noch die Entscheidung der Regierung, im Ausland gestrandete Nepalesen nach Hause zu holen. Zehntausende befinden sich als Arbeiter im Ausland, viele in arabischen Ländern. 67 Flüge wurden nun erlaubt, um etwa 25.000 Nepalesen ausfliegen zu können. Das klingt erst mal gut, ist aber für einen Großteil der Arbeiter keine Option. Wer jetzt schon ohne Geld im Ausland ums Überleben kämpfen muss, kann sich den Heimflug nicht leisten, selbst nachdem die Regierung die Flugpreise gedeckelt hat. Ein Ticket aus den Emiraten kostet 500-600 $, wer aus Japan zurückmöchte muss 935 $ zahlen, der Flug von Delhi kostet 205 $. So werden viele Nepalesen weiterhin im Ausland ausharren müssen.